Balance zwischen Sparen, Erhalten und Zukunft gestalten
Als „eines der schwierigsten Haushaltsjahre überhaupt“ bezeichnete Oberbürgermeisterin Gabriele Zull den Haushalt 2024 in der Sitzung des Gemeinderats am Dienstag, 07.11.2023. Die Zeiten seien anspruchsvoll und herausfordernd – sowohl politisch wie auch wirtschaftlich, gesellschaftlich, finanziell und personell, machte Zull deutlich. „Der tiefgründige Wandel erfordert von uns vorausschauende Planung, zukunftsweisende Entscheidungen und parallel dazu den Erhalt der Infrastruktur sowie die Möglichkeit, unsere alltäglichen Aufgaben erfüllen zu können“, konstatierte sie.
Der Ergebnishaushalt 2024 hat ein Volumen von knapp 182,5 Millionen Euro – das sind rund 11,6 Millionen Euro mehr als im vergangenen Jahr. Mit einem Minus von knapp 12,3 Millionen Euro erreicht das Ordentliche Ergebnis im kommenden Jahr einen negativen Höhepunkt. Die allgemeine Teuerung, die auch die privaten Haushalte belastet, zeige sich auch im kommunalen Etat. Und: „Das Ersparte ist verbraucht“, machte Finanzbürgermeister Johannes Berner klar. Seit 2021 steigt die Verschuldung von Fellbach und wird im Haushaltsjahr 2024 über 60 Millionen Euro betragen. Deshalb werde die Stadt aller Voraussicht nach um weitere Einsparungen nicht herumkommen.
Vor allem die gestiegenen Personalkosten schlagen im Haushalt zu Buche. Beschäftigte im öffentlichen Dienst erhalten nach den Tarifverhandlungen eine um zehn Prozent erhöhte Vergütung. „Ein Gehaltszuwachs, der durch die vorausgegangene Inflationszeit, notwendig war“, betonten Zull und Berner. Um mehr als fünf Millionen Euro springen so die Personalaufwendungen im kommenden Jahr nach oben. Damit steigt das Personalbudget auf über 45 Millionen Euro. Um weitere zwei Millionen steigen die Transferleistungen an die Freien Träger der Kindertageseinrichtungen. Einsparungen im Personalbereich seien nur über konsequente Aufgabenkritik möglich, was auch einen Verlust von Serviceleistungen oder der Abgabe von Aufgaben beinhalten würde.
Zudem stehen für das kommende Jahr wieder Themen wie der Ausbau der Betreuungs- und Schullandschaft aufgrund der wachsenden Kinderzahl auf der Agenda. „Dieser Ausbau ist trotz unserer angespannten finanziellen Lage sehr wichtig – die Möglichkeiten einer guten Bildung für Kinder ist nicht nur eine Pflichtaufgabe, sondern auch eine Herzensangelegenheit“, so Zull. Gleichzeitig forderte sie vom Land und vom Bund eine auskömmliche Finanzierung, wenn Beschlüsse die Kommunen in die Pflicht nehmen – so beispielsweise beim Ausbau der Grundschulen in der Ganztagesbetreuung.
Bund und Land nahm sie außerdem in die Pflicht beim Thema der adäquaten Finanzierung bei der Unterbringung von Geflüchteten. „Wir werden unserer Aufgabe in diesem Bereich seit Jahren gerecht“, sagte die Oberbürgermeisterin. Trotz wachsender Zahlen gelinge Unterbringung und Integration bisher noch immer. „Allerdings spüren auch wir hier Grenzen. Wir haben ein klares Konzept und eine vorausschauende Planung, aber es muss machbar bleiben.“ Die Beschlüsse der Bund-Länder-Konferenz gingen in die richtige Richtung. Wie viel Geld bei den Kommunen letztendlich ankäme und ob die Maßnahmen mehr oder weniger Bürokratie bedeuteten, müsse sich erst erweisen.
Mit einer dreiviertel Million Euro nimmt außerdem der Aus- und Neubau der Feuerwehr-Gerätehäuser samt diverser Anschaffungen zum Brandschutz einen hohen Stellenwert im kommenden Jahr ein. Im darauffolgenden Jahr rechnet die Stadt dabei sogar mit rund 5,2 Millionen. Auch müssen die Sporthallen nach und nach saniert werden. Dazu ist zunächst der Bau einer neuen Drei-Feld-Trainingshalle geplant, deren Bauvolumen über 15 Millionen Euro beträgt. Für das Jahr 2024 ist eine erste Rate von 250.000 Euro eingestellt. „Der Erhalt unseres Gebäudebestandes und dessen energetische Ertüchtigung wird in den kommenden Jahren Ressourcen binden – finanzielle und personelle. Zu lange ist hier immer wieder geschoben worden“, bekräftigte Zull.
Um nicht den Anschluss zu verlieren, sei es für eine Kommune außerdem wichtig, den Blick in die Zukunft zu werfen. Deshalb sind auch die Ortmitten von Fellbach, Oeffingen und Schmiden ein wichtiges Anliegen – nicht nur als attraktiver Treffpunkt, sondern auch zur Stärkung des Einzelhandels. Zu den Zukunftsaufgaben gehört auch die Unterstützung der örtlichen Wirtschaft. „Wir haben bewusst, trotz der komplexen finanziellen Lage, auf die Erhöhung von Gewerbesteuern verzichtet“, sagte OB Zull. „Das Gewerbesteueraufkommen von 48 Millionen Euro zeigt, dass unsere Unternehmen divers und vielfältig aufgestellt sind, und bisher Antworten auf die vielfachen Fragestellungen gefunden haben. Eine zusätzliche Belastung gilt es, wenn möglich, zu vermeiden.“
Zusätzliche Belastungen zu vermeiden, heißt es auch beim Klima. „Wir müssen und wollen mit den Klimaschutz-Maßnahmen schneller werden – aber auch das wird unsere Finanzen fordern. Nicht nur jeder Privathaushalt auch die Kommunen müssen ihre Gebäude ertüchtigen“, so die Oberbürgermeisterin. Der Fahrplan für eine klimaresiliente Stadtstruktur, stehe mit der Verabschiedung der Kommunalen Wärmeplanung Ende 2023 und der Aufstellung des Integrierten Klimaschutzkonzeptes im ersten Quartal 2024. Die Stadtwerke haben bereits dieses Jahr eine Strategie zur Dekarbonisierung der Energieversorgung vorgelegt. „Hier gibt es nicht die eine Lösung, sondern wir müssen gemeinsam viele einzelne Schritte gehen.“
Mit knapp 16 Millionen Euro im Haushaltsjahr 2024 und knapp 90 Millionen Euro bis 2027 bleibt die Investitionsquote der Stadt weiterhin sehr hoch. Hinzu kommt der geplante Grunderwerb und der Erwerb von Finanzvermögen – beispielsweise für die Kapitalausstattung der Wohnungsgesellschaft WDF, die ihren Bestand energetisch sanieren muss. „In Summe belaufen sich die sonstigen Investitionen im Vier-Jahres-Zeitraum bis 2027 auf weitere 35 Millionen Euro“, erläuterte Berner. „Ob wir an dieser Investitionsplanung festhalten können, ist angesichts des stark gestiegenen Zinsniveaus fraglich“, räumte er zugleich ein. Bei dieser Finanzlage „benötigen wir eine Balance aus Vorwärtsgehen und Erhalten, aus Augenmaß und den Willen, die Zukunft zu gestalten“, fasst Oberbürgermeisterin Zull zusammen.
Nach der Haushaltseinbringung durch die Oberbürgermeisterin und den Ersten Bürgermeister folgen am Dienstag, 28.11.2023, die Haushaltanträge der Fraktionen und Gruppierungen im Gemeinderat. Der Haushalt soll in der Sitzung am Dienstag,12.12.2023, verabschiedet werden.